Die zwei Seiten des Jahrhundertsommers.
Es ist 10 Uhr und gerade sind 12 Grad in Solrod Strand und irgendwo hinter vielen grauen Wolken versteckt sich die Sonne, der Wind weht. DAS ist es, das ist typisches Dänemarkwetter. Jederzeit kann es einen Wechsel zwischen wolkig und Sonne pur geben, der Wind ist hier ein ständiger Begleiter, ganz normal am Meer. Ebenfalls normal ist es, dass es im Sommer nur selten richtig heiß wird und auf sommerliche Tage folgt auch schnell ein grauer Regentag. Soweit so gut, ich dachte also ich kenne mich aus, was das dänische Wetter betrifft. Aber dieser Sommer ist anders, er bricht alle Regeln, alle Rekorde und wahrscheinlich ist es der schönste Sommer auf dem schönsten Fleckchen Erde, den ich jemals erlebt habe.
Seit 70 Jahren trägt der Sommer 1947 den Titel “Jahrhundertsommer” in Dänemark, er war der sonnigste und wärmste. Doch nun scheint der Spitzenplatz in Gefahr zu sein, denn dieser Sommer 2018 schlägt alle Rekorde. Ich erzähle immer all unseren Gästen: “Im Sommer wird es nicht richtig heiß und im Winter nicht richtig kalt.” Das waren zumindest die Erfahrungen, die ich in den letzten beiden Jahren in diesem wunderschönen Land gesammelt habe. Wie es aussieht lag ich mit dieser Pauschalisierung mächtig daneben. Als wir vor 2 Jahren nach Dänemark, in die Nähe von Kopenhagen, ausgewandert sind habe ich mit dem Schlimmsten gerechnet: “immer grau, immer Regen und immer Wind”. Nachdem mir klar wurde, dass das Wetter deutlich besser ist als man denkt und das es am Meer irgendwie immer schön ist kam ein Winter, den ich nie vergessen werde. Nicht der typische Einheitsbrei mit grau, 0 Grad und dunkel, dieser Winter 2018 war anders: mit Eis, Kälte und unfassbar schöne Momente am Meer. (Hier geht es zu den atemberaubenden Bildern). Nie hätte ich mir erträumen lassen das zugefrorene Meer zu sehen und ich war völlig beeindruckt was mit dem Strand passiert, wenn man Schnee und Sand nicht mehr unterscheiden kann. Dieses Erlebnis ist keine 6 Monate her und mittlerweile weiß ich es also besser aber wie man sieht, kann mich dieses kleine tolle Land immer wieder überraschen. Ich hatte den Sommer meines Lebens – direkt am Meer 🙂 Normalerweise ziehe ich nicht mal in den Sommermonaten kurze Kleider oder kurze Hosen an, es ist mir einfach zu kalt. Das war in Deutschland schon so und natürlich haben die bisherigen dänischen Sommer daran auch nichts geändert. Im Griechenland Urlaub sind meine Sommerkleider unberührt wieder mit abgereist, für den Strand zu edel und für den Abend zu kalt. Ich bin wirklich eine schreckliche Frostbeule. Wer hätte also gedacht, dass ich 3 Monate lang in kurzen Sachen durch Solrod Strand springe und sogar im Meer abtauche?! Ich nicht (und auch für Mr Z fühlt es sich sicher wie eine neue Frau an seiner Seite an). Wir haben das riesen Glück nur ein paar Schritt vom Meer entfernt zu wohnen. Dort angekommen erstreckt sich ein langer Sandstrand, an diesen verirren sich nur sehr selten Touristen und in den Herbst- und Wintermonaten scheint er mir völlig allein zu gehören. Den Sonnenaufgang teile ich manchmal mit Hundebesitzern aber so viel Meer wie hier hat man dennoch selten für sich allein. Ebenso wie mein traumhafter Steg, von dem ich euch ständig berichte und der eines meiner Lieblingsfotomotive ist. Nie zuvor habe ich “unseren” Strandabschnitt so voll gesehen wie in den letzten Monaten. Man hat sich wie im Urlaub gefühlt. Familien, Picknick, ihre großen bunten Wassertiere und das Meer. Ich glaube es war eine Mischung aus Urlaubern (ich habe immer wieder die deutsche Sprache gehört) und Anwohnern, die nicht genug bekommen konnten, von der dänischen Hitze. Bis auf 35 Grad ist das Thermometer in diesem Jahr zeitweise gestiegen und das Meer hat mich an die Karibik erinnert. Dass ich nicht übertreibe, könnt ihr auf den Bildern sehen. Es gab keine Welle, keine Algen und man konnte Meter tief bis auf den Meeresgrund schauen. Kein Sommerurlaub in einem südlichen Land hätte uns schöneres Wetter, besseres Wasser oder eine angenehmere Atmosphäre bieten können. Von einem Kumpel habe ich mir ein SUP geliehen und sobald ein Babysitter für Liva (8 Monate) gefunden war, ging es aufs Meer hinaus, sie hat mich vom Steg aus beobachtet. Natürlich ist die kleine Wasserratte auch nicht zu kurz gekommen aber sie ist und bleibt “Dänin”, hasst die Hitze und schläft am liebsten draußen in der Kälte. Deshalb hat sie auch ihren kleinen Pool im Schatten vorgezogen, am Meer gab es eben sehr viel Sonne in diesem Jahr, kein Wölkchen war zu sehen.
Aber natürlich hat dieses unglaubliche Wetter, wie auch in Deutschland, seine Schattenseiten. Die Natur in Dänemark hat unter der langen Hitze und Trockenheit extrem gelitten. Rasenflächen und Pflanzen sind verbrannt, das Wasser wurde knapp. Selbst die sonst so liebevoll hergerichteten Gärten sehen aus wie meine Kakteen-Sammlung, das knappe Wasser wurde nämlich nicht für die Gartenpflege verschwendet. Mittlerweile fängt sich aber alles wieder. Auf den verbrannten Wiesen kämpfen sich grüne Halme zurück ans Tageslicht und auch die Bäume und Hecken atmen bei 18 Grad, Regen und Wind wieder auf. Hier in Dänemark ist also wieder alles wie es sein soll und ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal so über Wind und Wolken freue. Aber jetzt ist meine neue Heimat wieder wie ich sie kenne und liebe – HYGGELIG!
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Meine Vorurteile vor der Auswanderung
Mein harter Weg durch die Sprachschule