Trotz Corona zurück zum Alltag?!
Als ich vor sechs Wochen die E-Mail von Livas Kindergarten erhalten habe, dass dieser wegen des Coronavirus bis auf unbestimmte Zeit schließt, dachte ich ehrlich gesagt: Ach du Scheiße! 🙂 Nun, über einen Monat und zahlreiche Bastelnachmittage später kam die nächste E-Mail. Darin steht, dass es wieder losgeht und ich denke mir wieder: Ach du Scheiße! Die Gründe dafür sind vielfältig.
Ein Großteil der Kinderkrippen, Kindergärten und Grundschulen haben in Dänemark wieder begonnen, nicht wie vorher, aber zumindest im “zurückhaltendem Testmodus”. Liva (2 1/2 Jahre) ist in der Kinderkrippe, sie liebte es von Beginn an und hat gerade nach der Schließung ihre Freunde vermisst. Leider wird sie ihre Kindergartenliebe Daniel auch weiter vermissen müssen. Ihre 12er Gruppe wurde halbiert, Liva ist jetzt Gruppe B und geht nur aller zwei Wochen in die Krippe. Ihr Daniel ist Gruppe A, da zerreißt es einem fast das Herz. Von Donnerstag bis Mittwoch darf sie in dieser Woche gehen, danach sind die anderen Kinder für eine Woche dran. Das bedeutet mehr Abstand zwischen den Kindern. Mindestabstände beim Mittagessen und im Schlafsaal, das Frühstück findet gar nicht mehr statt und die Kids sollen so viel es geht draußen sein. In den Grundschulen wird sogar im Freien unterrichtet. Das Händewaschen ist auch in der Kinderkrippe zum täglichen und ständigen Ritual geworden, dabei wird ein Kinderlied gesungen, um die Mäuse bei Laune zu halten. Wir Eltern dürfen nicht mehr in die Beträuungsräume, an der Garderobe ist Schluss, dort darf ich Liva dann nur noch durch den Türschlitz schieben. Im Garderobenbereich dürfen sich nur zwei Erwachsene auf einmal aufhalten. Dort treffe ich aber auch keinen mehr, seit alle Gruppen von Krippe bis Kindergarten halbiert wurden. Wie überall hängt der Behälter mit dem Desinfektionsmittel an der Eingangstür. Ich habe mittlerweile die Hände einer 70-Jährigen, dank der chemischen Keule und der Wascherei.
Als ich die neuen Hygienevorschriften und Richtlinien der Krippe gelesen habe dachte ich: Sinnlos, dann gefällt es Liva sicher nicht mehr. Wie so oft habe ich meine Motte unterschätzt. Liva genießt die Eins-zu-eins-Betreuung in vollen Zügen. Ein paar Eltern müssen noch nicht wieder arbeiten oder wollen ihre Kinder in diesen Zeiten einfach nicht in die Krippe geben. So kommt es, dass an manchen Tagen vier Erzieher auf fünf Kinder kommen, ein Hochgenuss für die Kleinen. Liva rennt also derzeit mit ihrer Lieblingspädagogin Mia durch den Garten und erklärt ihr die Welt. Morgens quiekt sie vor Freude, wenn ich sie mit dem Fahrrad zur Kita fahre. Wie schaffen es die Kinder nur bei allen Sachen so unkompliziert zu sein und das beste aus allem zu machen? Mr. Z und ich gehörten, wie oben bereits angedeutet, zu den Eltern, die nicht wussten, ob sie ihr Kind wieder in die Betreuung geben sollen. Corona ist allgegenwärtig, wenn auch derzeit unter Kontrolle. Ich bin zur Zeit mit William (5 Monate) Zuhause und könnte deshalb auch Liva ohne Probleme betreuen. Die letzten Wochen zusammen mit ihr waren so schön, es fiel mir wirklich schwer sie wieder abzugeben. Ich habe aber auch gemerkt wie sehr Liva ihre Freunde und ihren normalen Alltag vermisst. Nach den ersten zwei Tagen in der Krippe wusste ich auch, dass wir richtig entschieden hatten. Sie kam völlig beflügelt von der Betreuung und hat gequatscht ohne Ende. Gerade für die Eltern die wieder arbeiten müssen, ist der Kindergarten natürlich ein Geschenk. Seit dieser Woche haben auch Friseurläden, Nagelstudios, Butiken und Möbelhäuser (die waren nie zu) wieder auf, viele Angestellten sind also wieder gefragt und damit auch die Fremdbetreuung der Kinder.
Sollten sich die Zahlen der Infizierten durch die Lockerungen dramatisch verschlechtern, so wird auch Dänemark zurückrudern und diese Einrichtungen werden wieder schließen müssen, sagt die Regierung. Die Dänen gelten jedoch als vernünftig und wollen alles geben, dass es durch Rücksicht, Hygiene und Abstand auch so weitergehen kann. Das schöne Wetter macht vieles leichter, denn vor allem vor der Tür kann man gut die Mindestabstände einhalten.
Dennoch gibt es auch in Dänemark Protest gegen die Öffnungen von Schulen und Kitas. Viele Eltern befürchten, dass die Kinder das Virus in die Familien tragen oder selbst gesundheitliche Probleme bekommen. Auch deshalb gibt es im Moment keine Schulpflicht und auch bei den kleineren Kids steht es den Eltern frei, ob sie weiterhin selbst betreuen.
Wir haben uns sehr lang überlegt was der richtige Weg ist und wir wissen es bis heute nicht. Liva ist wieder in der Krippe und sehr sehr glücklich damit und wir hoffen, dass wir in ein paar Monaten auch noch der Meinung sind, dass das die richtige Entscheidung war.
Gerade von Freunden lese ich zur Zeit immer wieder, dass sie wieder arbeiten müssen, aber keine Unterstützung in vorm von Notbetreuung bekommen. Wie geht es Euch mit der Situation? Würdet ihr Eure Mäuse wieder zur Betreuung bringen?
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