Das arme Mutterherz.
Die ersten beiden Tage der Eingewöhnung waren völlig entspannt, für William und mich. Am Montag und Dienstag ging es 8.45 Uhr in die Krippe, Mama durfte mit im Zimmer bleiben. William ist kein Schoß-Kind, er ist sofort losgezogen um die neuen Spielsachen auszutesten und viel zu gucken. Liva war auch immer so ein Beobachtungskind. Erstmal schauen, beobachten und dann: Angriff. Ich habe mich ganz bewusst in die hinterste Ecke des Raumes gesetzt, damit ich nicht ständig in Williams Blickfeld war. Nach und nach hat er immer mehr Vertrauen zur Erzieherin gefasst. Die coolsten Spielsachen musste er aber natürlich auch mir zeigen. Er kam also ganz stolz mit seinem gelben Postauto oder der Kuschelpuppe zu mir, quer durchs Zimmer gewatschelt und hat sich riesig gefreut seinen Fund mit mir zu teilen. Dach ist er wider losgezogen und hat sich weiter umgeschaut. An den ersten beiden Tagen waren wir anderthalb Stunden zusammen in der Krippe, absolut problemlos. Zu mir wollte der kleine Ritter immer erst als er müde wurde oder die Anzahl der Kinder in seiner direkten Umgebung zu groß.
Am dritten Tag war dann der Spaß vorbei, heute sollte Mama nämlich das Zimmer verlassen und William allein mit seinen neuen Freunden spielen und beim gemeinsamen Mittagessen dabei sein. Eine Stunde allein, die Aufregung und Angst war riesig, bei Mama 🙂 Einfach aus dem Zimmer schleichen war übrigens nicht drin, ein ordentlicher Abschied musste sein. Aus pädagogischer Sicht ist es wichtig, dass der Kleine weiß das ich gehe, aber eben auch wiederkomme, sagen die Dänen. Ich habe meinem Hobbit also einen Kuss draufgedrückt und gesagt, dass ich gleich wieder da bin und schon war ich aus der Tür. Bei Liva stand ich dann immer stundenlang in der Garderobe um zu lauschen, ob auch alles ok ist. DAS habe ich mir abgewöhnt. Natürlich hat William geweint als ich die Tür zugezogen hatte. Er war das erste Mal überhaupt (bewusst) ohne mich, durch Corona war es kaum möglich ihn bei den Großeltern oder anderen Bekannten zu lassen. Babysport, Gruppensingen und schwimmen gehen gab es seit Monaten durch die Pandemie nicht mehr. Damit wurde der Kontrakt zu anderen Kindern und Erwachsenen natürlich auf ein Minimum reduziert. William kennt die Nachbarschaft, wenn wir dort spielen, bin ich aber eben immer dabei.
Ich habe den Kindergarten dann fluchtartig verlassen und mir verboten helikoptermäßig von außen noch einmal zur Schreibe hinein zu glotzen. Auch das hätte ich früher gemacht, heute hatte ich Angst von William entdeckt zu werden und damit alles schlimmer zu machen. Also ab ins Auto und nach Hause. Der Kindergarten hatte mir versichert, dass ich sofort angerufen werde, wenn William weint oder sich sichtlich unwohl fühlt. Noch nie habe ich mir so sehr gewünscht, dass mein Handy in der nächsten Stunde nicht klingelt. Was er wohl gerade macht? Ich bin mir sicher, dass sich William im Kindergarten wohlfühlen wird. Er liebt es wenn etwas los ist, wenn er von Kindern umgeben ist und wenn er Sachen erkunden kann. Aber trotzdem bleiben die Bedenken, dass er gerade ohne Mama Höllenqualen auszustehen hat – völlig bescheuert!
Diesen Text hier schreibe ich übrigens gerade in dieser Stunde des Wartens auf den “Nichtanruf”, ich weiß also selbst noch nicht was passieren wird. Eigentlich sollte ich ja die Zeit genießen. Wann hatte ich bitte das letzte Mal eine Stunde am Vormittag für mich? William war immer da, am Wochenende Liva noch dazu und es blieb weder Zeit zum Bloggen, noch zum Studieren, Lesen oder Seriengucken. Endlich werde ich wieder mehr Zeit für mich haben, aber heute kann ich das wirklich noch nicht genießen. Vor 30 Minuten habe ich den Ritter allein gelassen, jetzt klingelt das Telefon, auf dem Display steht: Kindergarten! Oh nein!
Für heute ist der Krippentag vorbei, William ist müde und er schreit wie am Spieß, als er mich wiedersieht. “Wie konntest du mir das nur antuen, Mama?”, kann ich in seinen kleinen, müden Augen lesen. Kaum haben wir uns verabschiedet hört das Weinen auf, er beginnt zu plappern und scheint mir alles erzählen zu wollen, was er heute erlebt hat. Auch die nächsten beiden Tage laufen nicht wirklich besser. William ist immer eine Stunde allein in der Krippe, er weint wenn ich gehe und sitzt die meiste Zeit mit Schnuller bei seiner Erzieherin. Die erste Woche war also ein Wechselbad der Gefühle. Wenn ich dabei bin, findet William die Krippe unschlagbar, wenn ich den Raum verlasse ist der Spaß allerdings vorbei.
Ich war so verwöhnt durch Livas Eingewöhnung, dass ich wirklich dachte, dass das alles völlig problemlos läuft. Jetzt weiß ich allerdings, dass der kleine Ritter etwas mehr Zeit brauchen wird, als seine große Schwester und das ist auch völlig ok! Im dritten und letzten Teil lest ihr dann wie es in Woche zwei, drei und vier weiterging und ob William überhaupt noch in der Krippe ist. 🙂
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