Emanze mit Kinderwagen

 

 

Es ist mir egal, was von mir erwartet wird.

Ich habe heute einen Artikel gelesen in dem eine studierte Medienfrau darüber berichtet, wie sehr sie von ihrer Schwangerschaft und der Geburt ihres Kindes aus der Bahn geworfen wurde. Besonders nachdenklich haben mich ihre Gedanken gemacht, weil mir diese Frau sehr ähnlich zu sein scheint. Sie hat sich jahrelang in ihrem Job nach oben gearbeitet, hat sich während des Studiums und im Beruf nicht von ihrem Weg abbringen lassen. Sie schreibt von Selbstbewusstsein, Emanzipation, Erfolg, Gleichstellung und hat sich in ihrem Beruf durchgesetzt und einen Namen gemacht. Dabei scheint es für sie nichts wichtigeres zu geben, als die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau und dem dringenden Bedürfnis nach beruflicher Anerkennung. An dieser Stelle bin ich allerdings raus. Auch ich liebe es, wenn meine Arbeit Anerkennung erfährt und berufliche Erfolge machen mich immer auch für eine gewisse Zeit glücklich. Auch ich habe mich Schritt für Schritt nach oben gearbeitet und habe eine ganze Zeit nur für die Arbeit und den beruflichen Erfolg gelebt. Aber die eigne Schwangerschaft als “ausweglosen Witz” zu betiteln und sich in der Zeit vor der Geburt als “arbeitslos und behindert” zu bezeichnen, das haut mich um und animiert mich auch zu diesem Blog-Beitrag.

Für mich war es immer unvorstellbar einmal selbst Mami zu sein. Ich wollt Kinder, nicht schon immer aber dann umso mehr (hier geht es zum Text). Als der Wunsch dann immer größer wurde konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass es klappen wird. Ich kann Euch nicht mal sagen warum aber in meinem Kopf war es einfach unvorstellbar, dass es irgendwann einmal eine kleine Kristina geben wird. Wahrscheinlich war mir klar, was das für meine Mitmenschen bedeuten würde. Schwanger werden doch nur andere, oder? Als es dann tatsächlich soweit war, war es so unfassbar aufregend. Dank meiner problemlosen Schwangerschaft konnte ich diese Zeit auch in vollen Zügen genießen. Alles war neu, alles passierte zum ersten Mal. Natürlich habe ich gemerkt wie sich mein Körper verändert, wie ich ängstlicher und manchmal auch nachdenklicher werde. Aber ich war voller Vorfreude und Liebe und es war so schön den Bauch und damit das Baby wachsen zu sehen, es zu spüren. Nie würden mir zu dieser Zeit die Worte “behindert oder auswegloser Witz” einfallen. Auch ich war mit vielen Dingen überfordert. Die Suche nach dem Kinderwagen zum Beispiel war kein Spaß für mich. Woher sollte ich denn schon vor der Geburt wissen, was wichtig für mein Baby ist? Dennoch habe ich natürlich mit jeder neuen Anschaffung und mit jeden neuen Tag der Schwangerschaft dazugelernt, auch mehr über mich erfahren. Zu Beginn der Schwangerschaft haben immer alle gesagt: “Genieß die Zeit, es geht so schnell vorbei.” Und genau das habe ich getan. Seit ich in Dänemark lebe gelingt mir das generell viel besser. Das Leben im Hier und Jetzt und vor allem das Genießen im Hier und Jetzt. Eine Bekannte hat zu mir gesagt: “Das nennt man glücklich sein”! Genauso ist es. Ich war auch glücklich als ich meine Masterarbeit abgegeben habe, war glücklich als ich mein eigenes Magazin moderieren durfte, meinen super Job beim Daimler bekommen habe und wenn Bayern die Champions League gewonnen hat. 🙂 Aber dieses Glück war nie von langer Dauer denn ich hatte schon das nächste Ziel vor Augen. Allerdings glaube ich mittlerweile, dass dir all diese Dinge am Ende nichts zurück geben. Ich möchte mich als schrumplige alte (dennoch sehr attraktive) Oma nicht daran erinnern, wie ich einen Arbeitsvertrag unterschrieben habe. Ich möchte noch einmal sehen wie ich meinen Mr. Z getroffen habe, wie wir gemeinsam die Geburt unserer Tochter erlebt haben, wie wir zusammen durch die Welt gereist sind und ich möchte meine Familie sehen. Es wird für mich immer wichtig sein, dass ich beruflich erfolgreich bin aber ganz sicher werde ich davon nicht mein Glück abhängig machen. Muss es denn immer noch eine Gehaltsstufe höher sein? Ist es der Sinn des Lebens, abends vom Job nach Hause zu kommen, um am nächsten morgen wieder ins Büro zu fahren? Oder sind es die Stunden dazwischen, die freien Tage und die Urlaube mit geliebten Menschen, die das Leben lebenswert machen? Für mich ist es die Mischung aus beidem aber es wird sicher nie die totale Selbstaufgabe im Job sein. Nicht für andere, nicht um die meisten Überstunden zu haben und nicht um immer besser als der Kollege zu sein. Die Dänen haben da ein super Gleichgewicht zwischen Familie und Beruf gefunden. Sie nennen das “hygge” und sie haben damit bei mir einen Nerv getroffen. Für dieses Wort gibt es übrigens keine deutsche Übersetzung. Jetzt ratet mal warum?!

Im Moment habe ich manchmal das Gefühl, dass ich eine andere Person bin. Gefühlt bin ich die etwas andere, verrückte und eigenartige kleine Kristina die ich immer war. Aber wenn ich so von außen drauf schaue bin ich Mama Kristina, in einer festen Beziehung, im Moment bloggende Hausfrau und Mutter in Dänemark. Das ist wirklich verrückt. Es gibt so viele kleine Momente mit Liva in denen ich merke, dass ich lebe, wie nie zuvor. Ich kann es schlecht beschreiben aber wenn mich dieser kleine Wurm anlächelt denke ich doch nicht an Dinge wie Gleichberechtigung oder ob meine Arbeit als Mutter anerkannt wird. Wir sollte uns davon lossagen allen gefallen zu wollen und es allen Recht zu machen. Dafür bin ich nicht hier und das wird mich auch nie glücklich machen. Ich möchte einfach ganz bewusst genießen, was ich gerade habe und nicht Dingen hinterher trauern, die ich nicht habe.

In den ersten Tagen nach Livas Geburt ist es mir wirklich schwer gefallen mehrmals in der Nacht aufzustehen. Durch Zufall bin ich dann auf einen Abschiedsbrief von der krebskranken Holly Butcher gestoßen und sie bringt es auf den Punkt: “Du magst vielleicht in einen Stau geraten sein, oder schlecht geschlafen haben, weil deine wundervollen Kinder dich wachgehalten haben, oder dein Friseur dein Haar zu kurz geschnitten hat. Deine neuen Kunstfingernägel mögen einen Riss haben, deine Brüste zu klein sein. Oder du hast Cellulite am Po und dein Bauch schwabbelt. Lass all den Schwachsinn sein … Ich verspreche dir, du wirst nicht an solche Sachen denken, wenn deine Zeit zu gehen gekommen ist. Es ist alles SO unbedeutend, wenn du auf das Leben als Ganzes schaust.” (Hier geht es zum Brief)  (Inhalt auf Deutsch).  Ja, ich bin immer noch tot müde wenn ich Liva das dritte Mal in der Nacht zum Stillen aus ihrem Bettchen nehme aber ich mache es gern, denn ich habe ein ganz wundervolles, gesundes Baby. Vielen Menschen bleibt dieser Wunsch verwährt. Liva hilft mir dabei nicht mehr alles als selbstverständlich hinzunehmen und sie zeigt mir wie man den Augenblick genießt. Es ist keine Floskeln und auch nicht einfach nur so dahin gesagt: Morgen könnte alles vorbei sein, also regt euch nicht über belanglose Dinge auf und verpasst nicht die schönen Momente zu genießen!! Wollt ihr heute Abend nicht mal wieder schick essen gehen, einen DVD Abend machen oder ganz spontan Eure Freunde treffen? Schaut Euch am Wochenende mal wieder den Sonnenaufgang an oder geht spazieren, egal ob es regnet oder nicht. Schaut Euch alte Fotoalben an oder erinnert Euch zusammen, wie ihr euren Partner kennengelernt habt oder wie super es sich nach der Scheidung angefühlt hat 🙂

(Für alle, die diesen Text zu sentimental finden: Ich habe vor 4 Monaten entbunden und bin noch voller Hormone und deshalb nicht zurechnungsfähig. 🙂 )

Ich glaube der Text ist heute wirklich etwas verwirrend und vielschichtig geworden. Das Thema hat mich einfach echt zum Nachdenken gebracht und auch irgendwie aufgeregt. Meckern auf hohem Niveau, ohne wirklichen Grund, darin sind wir leider gut. Es gibt Menschen, die würden sofort tauschen! Ich bin sehr glücklich, dass ich scheinbar meinen Weg gefunden habe und möchte ihn genauso weiter gehen. Aber natürlich gibt es auch bei mir viel Luft nach oben, um so richtig hygge zu sein. Ich bin auf eure Meinungen gespannt!

Hier geht es zu:

Meine Geburt – wenn alles anders kommt.

Mein neuer/alter Job.

Briefe an mein wunderschönes Baby.

Einfach nach Dänemark auswandern.

12 Gedanken zu „Emanze mit Kinderwagen

  • März 27, 2018 um 5:02 pm
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    Ich finde deinen Text wunderbar 😄
    Ja, es sind die Hormone, Glückshormone und die werden auch nicht verschwinden. Denn wir brauchen nur unserer größtes Glück anschauen und schon sind Sie wieder da. 😍 Ich finde, der größte und bedeutendste Job ist Mama zu sein. Die größte und schönste Aufgabe und von unserem Schatz bekommen wir etwas zurück. Job, Karriere und Anerkennung ist toll aber für mich nicht das Wichtigste. Wenn man sich für ein Kind entscheidet, sollte das Prio 1 sein und sollte nicht nach 6 Wochen wieder arbeiten gehen. Das ist meine Meinung!

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  • März 27, 2018 um 9:23 pm
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    Welche weise Bekannte!!!👍😉

    Ja vielleicht sentimental, aber ist das nicht völlig egal. Ich sehe keinen Punkt, bei dem ich nicht konform gehe! Ich glaube, dieses HYGGE ist was für mich…Und da werfe ich gleich noch was ins Phrasenschwein: Wir leben bewusst nur einmal – nutzt es!

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  • März 27, 2018 um 9:40 pm
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    Sehr schön geschrieben und wirklich war,das größte Glück ist gesunde Kinder zuhaben u.sie auf ihren spannenden Weg begleiten zu dürfen.Ein Leben lang will man als Eltern das es ihnen gut geht.als Dank bekommen wir viele schöne Momente u.gemeinsame Erlebnisse zurück.

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  • März 27, 2018 um 10:02 pm
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    Haha, ich habe genau diesen Artikel vor ein paar Tagen auch gelesen (dass man sich schwanger angeblich behindert fühlt ist in Erinnerung geblieben) und habe mir gedacht, wie dumm und fehl am Platz das ist, was da steht…

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  • März 28, 2018 um 8:43 pm
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    Ein vielleicht sentimentaler, aber wirklich schöner und für eine Mutter gut nachvollziehbarer Text! ❤️

    Schon eine Schwangerschaft ist ein Geschenk, ABER am Ende dieser im besten Fall ein kerngesundes Baby in den Armen halten zu dürfen, ist das größte aller Wunder!!! 🤩😍❤️

    Auch ich für mich würde sagen, dass man als Mama schon noch der alte Mensch ist, ABER irgendwie ist die Sichtweise auf viele, viele Dinge einfach anders – besser.
    Denn man erkennt und begreift, was wirklich WICHTIG ist im Leben!
    Und noch besser fühlt es sich an, wenn man von sich selbst sagen kann, wahrhaftig DANKBAR 🙏🏻 sein zu können!!!

    Ich empfinde jetzt als Mutter viele bzw. viel mehr Menschen als einfach NICHT dankbar für all das Wundervolle, was sie haben, besitzen und erleben dürfen.
    Traurig. …. Und leider so gar nicht HYGGE!

    Schön, dass es dir da anders geht, du angekommen, glücklich und HYGGE bist! Mach einfach weiter so! 😘

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  • März 30, 2018 um 12:35 pm
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    Liebe Kristina,
    Ein sehr schöner Text, der es meiner Meinung nach absolut trifft. Auch ich erlebe als Mama immer mehr, was wichtig ist und was nicht. Was ich mich früher manchmal im Auto aufgeregt habe, durch welche Kleinigkeiten ich mich stressen lassen habe, die lange Kasse im Supermarkt, die unfreundliche Verkäuferin bei Rossmann… Nein, das ist vorbei und das ist gut so. Wen interessiert es ob ich hinter einem Opa herfahre, der pflichtbewusst 50 km/h fährt?! Wir haben genug Zeit und sollten diese mit Harmonie verbringen, mit Liebe und Leidenschaft für das, was wir haben: unsere eigene Familie. So etwas wunderbares!

    In diesem Sinne: ein tolles Osterfest.

    PS: nach 6,5 Monaten sehe ich das genauso sentimental und gefühlsduselig 😉 … Vielleicht, weil es einfach stimmt!

    Viele Grüße, Anja!

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  • März 31, 2018 um 8:48 pm
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    Ich habe das Buch dieser arbeitslosen, behinderten, schwangeren Medienfrau gerade auf dem Nachtisch liegen, weil auch ich dachte, dass ich viel mit ihr gemein habe. Das Buch wirft viele gesellschaftliche Frage auf & in der ein oder anderen Unsicherheit erkennen ich mich wieder. Unterm Strich tut mir die Autorin aber mir Leid: weil sie diese wunderbare Zeit einfach nicht genießen kann & die Chance, endlich aus diesem Optimierungswahn auf allen Ebenen endlich auszusteigen, verpasst!
    Dein Text ist vielleicht sentimental, aber er ist echt ohne gefallen zu wollen. Ich hoffe, die Medienfrau liest ihn 🙂

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    • April 1, 2018 um 4:11 pm
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      Ich wollte das nicht so hart schreiben aber Mitleid war tatsächlich auch das woran ich gedacht habe. Sie bekommt diese Zeit leider nicht zurück. Danke für deinen schönen Kommentar.

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  • April 2, 2018 um 11:07 am
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    Liebe Kristina,

    du sprichst mir so was von aus der Seele!

    Ich hab Zwillinge die mittlerweile 2,5 Jahre alt sind und bin noch bis zum 3. Geburtstag daheim. Und ich genieße diese Zeit sooooo sehr! Arbeite im Moment nur auf Minijobbasis und für mich passt das super. Ich komm bisschen raus und verdien ein bisschen Geld. 🙂

    Arbeiten ist schön und macht mir viel Spaß aber nie wieder würde ich so viele Überstunden machen wie früher. Diese Zeit verbringe ich lieber mit meinen Kindern. Auch wenn ich, da ich nach der Elternzeit auf Teilzeit reduzieren werde, deutlich weniger verdiene als vorher. Das ist es mir auf jeden Fall wert!

    LG Corinna

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  • April 2, 2018 um 5:17 pm
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    Jetzt hast du mir glatt ein Tränchen entlockt 😭😅

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  • Pingback:Eingewöhnung in der Krippe - Kristina vom Dorf

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