Zwischen Blockbuster, Kino-Omi und Windelchaos.
Meine kleine Tochter ist mittlerweile schon 2 Monate alt. Natürlich verschicke ich viel zu viele Bilder von ihr an die Familie, Freunde und Bekannte – ob die wollen oder nicht. Dadurch kommt man aber auch oft mal wieder ins Gespräch und besonders in letzter Zeit taucht dabei eine Frage sehr oft auf: “Und, wie ist es so als Mama?” oder “Na, wie kommst du mit deinen neuen Aufgaben klar?” Oft hört es sich an, als würde man sich Sorgen um meinen Geisteszustand machen denn bereits vor der Geburt wurde mir immer wieder gesagt: “Pass bloß auf, dass du nicht vereinsamst und umgib dich weiterhin mit Erwachsenen, sonst drehst du durch zwischen vollen Windeln und Baby-Lauten.” Jetzt stellt sich mir nur eine Frage: Wie soll man zwischen Baby-Yoga, Baby-Schwimmen, Baby-Pilates, Baby-Fitness, Mama-Gruppen oder Rückbildungskursen vereinsamen? Es gibt so viele Möglichkeiten für soziale Kontakte. Bevor ich allerdings mit Liva über die Trainingsmatten rolle, haben wir das Baby-Kino getestet.
Einmal im Monat findet bei uns in Solrod Strand (Dänemark) das Baby-Kino statt. Den Tipp hatte ich von meiner Hebamme erhalten aber natürlich konnte ich mir gar nichts unter dem Begriff vorstellen. Alles was ich wusste war, dass dort Mamis mit ihren Kleinsten hingehen können und freundliche Omis auf die Kids aufpassen. Das klang einfach zu verrückt und deshalb wollte ich es unbedingt ausprobieren. Soviel sei schon einmal verraten: Ich war nicht das letzte Mal da!
Die Filmvorstellung findet immer am ersten Montag im Monat statt und beginnt 10 Uhr. Ja, nicht 22 Uhr, 10 Uhr am Morgen. Das besondere an diesem Kino ist, dass alle “Angestellten” ehrenamtlich arbeiten und offensichtlich schon Rentner sind. Egal ob beim Ticketverkauf, der Fresserei oder am Einlass, überall erwarten uns freundliche Omis. Als ich das Ticket kaufe bekomme ich nicht nur meine Eintrittskarte sondern auch zwei Zettel mit einer Nummer und eine Klammer. Eine Klammer? Was soll ich denn damit? Die nette Dame am Ticketverkauf erklärt es mir gern. Die Klammer mit der Nummer kommt an den Kinderwagen, dieser bleibt dann im Vorraum des Kinos stehen und die netten Damen haben ein Blick auf die Baby, noch schlafen sie. 🙂 Den anderen Zettel bekomme ich mit. Wenn ich dann während der Vorstellung im Kinosaal sitze und Liva weint, wird meine Nummer ausgerufen. Es klingt verrückt und ein bisschen ist es das auch. Im Kinosaal saßen andere Mamis aber auch junge Paare, die mit ihrem Kind da waren. Wann hat man mit einem Baby schon die Möglichkeit ins Kino zu gehen. Ich hätte Mr. Z auch gern an meiner Seite gehabt aber Montagmorgen sind wohl die meisten Menschen arbeiten. Außerdem hätte er sowieso kein Wort verstanden, der Film war dänisch. Dennoch kommen auch zu diesen Baby-Vorstellungen immer aktuelle Kinofilme, mal englisch, mal dänisch aber neue Filme. Ich habe also gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Ich war unter Erwachsenen, habe einen aktuellen Kinofilm gesehen, habe mein dänisch trainiert und auch Liva hatte die Möglichkeit mit anderen Menschen und Babys in Berührung zu kommen. Ihr seht es ja auf den Bildern, die Kinderwagen werden nebeneinander aufgereiht und es gibt für jedes Baby eine Kino-Omi (so nenne ich sie jetzt mal). Ihr hättet sehen müssen, was die Damen für eine Ruhe ausgestrahlt haben. Bei einem Tässchen Tee wurde gequatscht und gestrickt und wenn eines der Babys wach wurde, wurde sich liebevoll darum gekümmert. Jahrelange Erfahrung, das konnte man sehen. Dennoch hatte ich ein komisches Gefühl, als ich mich im Kinosessel niederließ. Fragen wie: “Macht man das?”, “Ist sie dafür noch zu klein?”, “Schläft sie noch?” oder “Soll ich lieber nochmal schauen gehen?” schossen mir durch den Kopf. Aber ich blieb sitzen und langsam wurde die Situation normal. Dann ging die Tür zum ersten Mal auf und eine Nummer wurde aufgerufen: 11! Phuu, das ist nicht Liva, wir haben die 13. Vor mir blinkte seit Beginn des Filmes immer mal wieder eine rote Lampe auf. Das Pärchen vor mir hatte doch tatsächlich das Babyphone mit im Saal, es waren also alle etwas unsicher. Ich vertraute voll und ganz auf die Kino-Omis. Ich war irgendwie stolz, dass ich mit jeder Minute entspannter wurde und ich den Film genießen konnte. Nach ca. einer Stunde wurde die Nummer 13 ausgerufen, nun aber nix wie raus. Liva hat geweint und der Grund war ganz einfach: HUNGER! Die Kino-Omas lachen und sagen: “Da kommt bei uns leider nichts mehr raus.” Es war wirklich sehr entspannt und niedlich. Im Kinosaal schaut keiner komisch, wenn man die Vorstellung ab und an verlässt, das gehört hier einfach dazu. Als ich Liva im Foyer stillen wollte wurde mir gesagt, dass ich das doch im Saal machen kann. Der Film ist extra nicht so laut, wie bei einer richtigen Vorstellung und der Saal heller als sonst. Ich sah also das Ende der Vorstellung mit meiner wunderschönen, ruhigen Tochter an meiner Brust und war begeistert. Alle die zum Baby-Kino kommen haben die gleichen Probleme und Wünsche. Sie können nicht beeinflussen wann ihr Baby schreit, müssen sie hier aber auch nicht, es fühlt sich keiner genervt. Sie kommen unter Menschen und stellen gleichzeitig auch für ihre Babys Kontakte her. Man spürt einfach, dass man unter seines Gleichen ist. Nachdem Liva fertig mit trinken war konnte ich natürlich nicht auf das Bäuerchen verzichten aber es war mir schon deutlich unangenehm, hier im Kino. Als der geräuschvolle Luftschwall dann rauskam und Liva danach einen noch lauteren zufriedenen Seufzer gemacht hat, hat das halbe Kino gelacht. Das nächste Mal holen wir dann einen Applaus raus. 🙂 Erst dann habe ich verstanden, dass man sich hier um nichts Gedanken machen muss. Die Mamis und vor allem die Bedürfnisse der Babys stehen an erster Stelle. Für mich war es ein angenehmer, spannender und witziger Vormittag und ich kann das Baby-Kino nur weiterempfehlen. Auch Liva war tiefenentspannt, hat nach dem Trinken auf meinem Arm geschlafen und war hygge.
In Deutschland scheint es auch Möglichkeiten oder vergleichbare Vorstellungen zu geben, zumindest habe ich diesen Artikel der SZ dazu gefunden (Baby-Kino in München). Aber sicher ist da noch Luft nach oben, vielleicht sollte ich diese Marktlücke nutzen, wenn ich wieder in Deutschland bin. 🙂
Habt ihr Erfahrungen mit dem Baby-KIno gemacht und wisst, wo es welche in Deutschland gibt? Welche Kurse habt ihr mit euren Babys besucht? Ich bin gespannt auf eure Tipps, Liva und ich wollen schließlich weiterhin die Welt erkunden.
PS: Das Bloggen hilft mir extrem um im Kopf fit zu bleiben, vielleicht ist das auch ein Tipp für andere Mütter. Ihr sollt jetzt natürlich keinen Baby-Blog starten aber schreibt doch ab und zu auf, was ihr mit den Würmern erlebt habt. Man denkt immer, dass man das nicht vergisst aber es dauert nicht lang und die tollen Erlebnisse und vor allem die Gefühle dabei werden von anderen tollen Erlebnissen überschrieben. Dank dieses Textes weiß ich auch in 30 Jahren noch wie tolles es mit Liva im dänischen Baby-Kino war und sie kann es dann sogar selbst nachlesen. 🙂
Hier lest ihr:
Die Geburt – wenn alles anders kommt.
Ey ich finde die Idee mit den Kino-Omis total toll!!!!! Ich habe just herausgefunden, dass es in Dresden das das sogenannte “Schnuller-Bouldern” gibt: Mami geht klettern und die Babies werden währenddessen in kleinen Gruppen betreut. Oh, ich freue mich schon tierisch auf den Moment, wo ich das endlich ausprobieren kann!!!! 🙂
Solche Angebote sind wirklich super. Dann haben deine Mäuse Spaß, während du den Restspeck abtrainierst. 🙂
Hier noch ein Tipp über Facebook:
Bei uns in Chemnitz gibt es seit einigen Monaten im Kino Metropol Chemnitz Vorstellungen für Mutter mit Kind. Dort bleiben die Babys gleich bei der Mama.
Nutze die Marktlücke, Kristina!
Ein super tolles Konzept, bei dem wirklich alle Beteiligten gewinnen!
Hervorragend! ^^
Vor deinem Beitrag habe ich noch nie von nem Baby Kino gehört.
ABER ich würde es definitiv auch nutzen!!!
Viel Spaß bei allen weiteren Kinobesuchen!!! 🤩